Wann können wir endlich wieder reisen?

 

Die 4 Wochen Lockdown hatten wir bewusst in Kauf genommen, weil es für uns in dem Moment die optimale Lösung war. Vielleicht auch ein kleines Experiment, zu sehen wie es ist in einem stark eingeschränkten Bewegungsfeld zu leben. Diese Zeit war trotz allem eine schöne und bereichernde Zeit. Wir hatten immer die Hoffnung, dass es nach den 4 Wochen wieder weitergehen könnte mit unserer Reise. Als dann der Monsieur le Président die neusten Massnahmen verkündete, wurde uns klar, vorderhand wird es keine Möglichkeit geben unseren Frankreichtrip fortzusetzen.

 

Bereits in vorgängigen Diskussionen hatten wir die Möglichkeit zur Weiterreise in ein anderes Land in Erwägung gezogen. Doch wohin? Tagtäglich verfolgten wir die Informationen aus verschiedensten Facebook-Gruppen die sich alle mit dem Thema «Reisen mit dem Wohnmobil» befassen. Die einen sind in Griechenland, andere in Spanien, Italien oder Portugal. Die Einschränkungen bei den einen etwas mehr, bei den anderen etwas weniger. Frankreich war da auf jeden Fall am krassesten. In den anderen Ländern waren teilweise auch Soft-Lockdowns, Reisebeschränkungen, bei manchen sogar offiziell Einreisesperren, diese wurden aber offenbar nicht in vollem Umfang umgesetzt. So konnten wir immer wieder von Leuten lesen, die problemlos in Länder einreisen konnten, die eigentlich die Einreise verboten, beziehungsweise stark einschränkten. Wir wollten nicht das Risiko eingehen, 1500 oder noch mehr Kilometer zu fahren, um dann an der Grenze abgewiesen zu werden und die ganze Strecke für nichts gefahren zu sein. Was für uns auch nicht in Ordnung ist, im Land dürfen die Einheimischen nicht oder nur sehr stark eingeschränkt umher fahren und wir würden quasi vor deren Augen im Land reisen und uns Städte und Land anschauen. Da ist der Zorn der Einheimischen verständlich, dies können wir nicht mit unserer Überzeugung vereinbaren.

 

So war dann der Entschluss gefallen, wir kehren in die Schweiz zurück. Ganz einfach ist das nicht für uns, denn schliesslich haben wir keinen festen Wohnsitz mehr. So begann die Suche nach einer Lösung. Wir benötigen einen Platz, wo wir stehen können, Anschluss für Strom, sowie die Möglichkeit, Wasser aufzufüllen. Zudem sollte Grau- und Schwarzwasser ebenfalls entsorgt werden können. Durch die Recherche im Internet stiessen wir auf den Campingplatz in Frutigen mit einem interessant tönenden Angebot. Eine Nachfrage per E-Mail bestätigte freie Plätze.

 

Ein letztes Mal sassen wir mit unseren «Asyl» gebenden Freunden Kathrin und Andreas bei einem feinen Essen zusammen. Am Samstagmorgen mussten wir uns noch die Legitimation zur Durchreise ausstellen, um loszufahren. Nach 4 Wochen, eine kleine Ewigkeit, starteten wir endlich wieder den Motor. Auf dem direktesten Weg fuhren wir Richtung Schweiz. Autobahn, etwas was wir gar nicht mehr kannten, führten unsere Routen uns doch immer auf den kleinen und kleinsten Strässchen durch das Land. Jetzt war es aber unumgänglich, da wir Frankreich nur auf direktem Weg durchqueren durften. Die Fahrt war total entspannt. Die Strecke vom Süden Frankreichs in die Schweiz bin ich schon während Jahrzehnten unzählige Male gefahren, so wenig Verkehr gab es noch nie! Streckenweise waren wir auf absolut leerer Strasse unterwegs, kein Auto soweit das Auge reichte, etwas was es so eigentlich nicht mehr gibt. So erreichten wir völlig problemlos die Schweizer Grenze. Der Grenzübertritt war dann doch sehr überraschend. Keinerlei Zoll- oder Grenzwachpersonal war zugegen. Nichts, einfach null, total offene Grenzen! Dies ist schon erstaunlich, wenn man liest, was alles für Massnahmen definiert werden im Zusammenhang mit Covid. Nach einer kurzen Beratschlagung entschieden wir uns den Weg nach Frutigen über den Jaunpass unter die Räder zu nehmen. Langsam setzte die Dämmerung ein und durch den Nebel beschleunigt war es schon bald dunkel. In Jaun fanden wir am Waldrand einen Platz, wo wir die Nacht verbringen konnten. Bei kalten Minustemperaturen befanden wir ein Raclette als perfektes Nachtessen, zudem ein typisch schweizerisches Gericht zur Wiedereinstimmung auf die Schweiz.

 

Die Nacht war ruhig. Wir waren früh wach und so fuhren wir ohne Frühstück Richtung Jaunpass, in der Hoffnung, eine schöne Morgenstimmung zu erleben und irgendwo an einer schönen Stelle das Frühstück zu geniessen. Das ist etwas was wir immer wieder geniessen, irgendwo das Erwachen des Tages zu erleben, während des Frühstücks, abseits von allem. Tatsächlich war es wieder ein tolles Erlebnis, über den Bergen färbte sich der Himmel in schönsten Rottönen, im Tal lag das Nebelmeer und das Ganze wirkte sehr mystisch.

 

Vor der Ankunft in Frutigen wollten wir noch unseren Gasvorrat auffüllen, während der 4 Wochen im Lockdown hatten wir etwa 14 kg Gas verbraucht. Wir hatten also noch eine fast volle Flasche. Da es nun aber deutlich kälter sein wird, werden wir auch mehr Gas benötigen, da ganztägig die Heizung in Betrieb sein wird. Die Suche nach der angegebenen Tankstelle erwies sich als Spiessrutenlauf. Die eine Tankstelle gab es trotz langer Suche nicht, die zweite funktionierte nicht. So blieb nur den Umweg nach Interlaken zu fahren, um an eine LPG-Gastankstelle zu kommen. Diesel wurde auch gleich noch aufgefüllt und so konnten wir dann endlich nach Frutigen.

 

Das Angebot in Frutigen wäre ein 2-3 Monate Abkommen. Auf dem Platz angekommen waren wir uns nicht sicher, ob wir wirklich hier bleiben möchten für solange Zeit. So beschlossen wir mal einfach ein paar Tage «Probe zu wohnen». Auf dem Platz waren Bauarbeiten im Gange, direkt neben dem Platz verkehrt die Lötschberg-Bahnlinie. Schon nach dem zweiten Tag war uns klar, hier bleiben wir nicht. Das Wetter hat da vielleicht auch noch etwas zur Entscheidung beigetragen, die ganzen Tage hing eine Nebeldecke über dem Tal. Am Donnerstag, also nach vier Tagen beschlossen wir weiter zu ziehen. Ausgerechnet jetzt zeigte sich zuhinterst im Tal die Sonne. Also legten wir noch einen kleinen Umweg zum Blausee ein, in der Hoffnung auf ein paar tolle Fotos. Wir wurden belohnt! Als wir weiterfahren wollten, entdeckten wir zum zweiten Mal Wasser auf dem Bett. Kann es denn sein, dass plötzlich das Dachfenster nicht mehr dicht ist? Oder haben wir Kondenswasser, welches runter tropft? Da wir in einer tollen Facebook-Gruppe sind, in der es nur um die gleichen Hymer-Modelle geht wie wir haben, fragten wir kurzerhand da nach ob schon jemand dasselbe Problem hatte. Umgehend kamen die Antworten (eine wirklich tolle Gruppe, die immer hilft ohne böse Motzereien!), alle setzten auf Kondenswasser. Mir war es etwas viel Wasser für nur Kondensat. Ein Anruf bei unserem Händler war dann im ersten Augenblick eine Ohrfeige. Erst in 4 Wochen einen freien Werkstatt Termin. Auf den Hinweis, dass er ja wisse, dass wir im WoMo leben, kam die lapidare Antwort, er könne nicht einfach alle Werkstattaufträge auf den Kopf stellen. Frustriert über so viel «Kundendienst» packte ich das Werkzeug aus, um der Sachen mal auf den Grund zu gehen. Ich schraubte den Fensterrahmen runter und entdeckte noch mehr Nass. Ich war mir sicher, da muss ein kleines Leck sein. Sehen konnte ich es aber nicht. Alles wieder zusammengebaut und weiter ging die Fahrt Richtung Emmental. Das Emmental ist immer wieder ein schönes Erlebnis, jetzt wo alles unter einer leichten Schneedecke liegt, sieht es wie eine Märchenlandschaft aus. Während der Fahrt erreichte uns ein Anruf von unserem WoMo-Händler, er teilte uns mit, dass wir am nächsten Morgen um 9 Uhr vorbeikommen können, um das Wasser-Problem anzuschauen. So hatte sich das Ganze doch noch zum Guten gewendet. Da wir in der Nähe des Händlers einen Parkplatz kennen, um die Nacht zu verbringen, wurde dieser angesteuert, so mussten wir auch nicht allzu früh raus am Morgen.

 

Der Besuch in der Werkstatt bestätigte dann auch eine kleine Undichtigkeit bei der Fensterabdichtung. Kurzerhand wurde das Fenster ausgebaut und neu abgedichtet. Die Wartezeit verbrachten wir bei netten Gesprächen im Laden des Händlers, wurden wir da doch von einem Mitglied aus der oben erwähnten Facebook-Gruppe aufgrund unserer Berichte erkannt und angesprochen. Danke Pierre-André für den grossartigen Austausch.

 

Jetzt sind wir beruhigt, das Dachfenster sollte wieder dicht sein und wir müssen nicht befürchten in einem Wasserbett aufzuwachen. Also los, weiter geht die Reise!

 

 

 

Willst Du keinen unserer Berichte verpassen?

Sende uns Deine E-Mail Adresse an misyontour@gmail.com so werden wir Dich jeweils mit einem Mail informieren sobald eine neue Geschichte aufgeschaltet ist.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Marcel (Donnerstag, 10 Dezember 2020 20:01)

    Wiederhin gueti fahrt ���

  • #2

    Beatrix (Donnerstag, 10 Dezember 2020 21:20)

    Ich lese eure Berichte sehr gerne!
    In meinen 10 Jahren Wohnwagen-Ferien und Weekends in Brünnlinsbach habe ich einige Erfahrungen mit Kondenswasser gemacht. In den Winterferien jeden Morgen. �
    Schön gibt es so nette FB Gruppenmitglieder!
    Bleibt gesund !